Knapp zwei Jahre sind die ersten Zinsanhebungen seitens der EZB her, um der, vor allem durch den Ukrainekonflikt angefachten Inflation, energisch zu begegnen. Die zwischenzeitlich vorgenommenen homöopathischen Zinssenkungen haben an dem immer noch hohen Zinsniveau nicht sehr viel geändert. Und die Zinsen sind in zweierlei Hinsicht entscheidend: erstens verteuern sie die Fremdfinanzierung bzw. zerreißen schon mal die Wirtschaftlichkeit so manches (Immobilien-) projektes, wenn eine Anschlussfinanzierung ansteht. Zweitens lassen sie sehr schnell heiße Bewertungsluft aus den Objekten entweichen. Insbesondere Offene Immobilienfonds (OIF) können hiervon ein Lied singen. Selbst OIF, die sich auf das -angesichts von Wohnungsnot in deutschen Ballungsräumen- lukrative Wohnsegment spezialisiert haben, stehen vor ESG- und zinsinduzierten Abwertungen. Zwischenzeitlich stellte sich heraus, dass etliche Fondsanbieter ihre Fondsbewertungen nicht zeitnah durchführen und Anlegern immer noch einen stabilen Fondsverlauf vorgaukelten. Ein erstes böses Erwachen hat der OIF UniImmo Wohnen ZBI Anlegern beschert. Bis ins Jahr 2023 wurde mit weiterhin niedrigen Diskontierungssätzen operiert, obwohl das Zinsniveau schon längst enteilt war. OIF haben ganz generell mit einem Bewertungsproblem zu kämpfen, der durchaus als Systemfehler angesehen werden kann. Denn die gutachterlichen Bewertungsmieten dürfen von den tatsächlich vereinnahmten Mieten abweichen, wenn die Gutachter davon ausgehen, dass die aktuellen Mieten nicht dem tatsächlichen Marktwert der Mieten entsprechen. Damit sollen die Bewertungsmieten das Potenzial der Immobilie besser darstellen. Eine sehr optimistische -fast naive- Sichtweise, die nur selten mit der Realität übereinstimmt: denn erstens können (Gewerbe-) Mieten aufgrund bestehender Mietverträge oftmals nicht erhöht werden. Zweitens unterliegt gerade der Wohnimmobilienbereich starken gesetzlichen Regularien, die Bestandsschutz gewähren und Mietsteigerungen nur sehr begrenzt zulassen. Für die Entwicklungen der Bewertungsmieten rechnen Gutachter oft mir deutlich stärker steigenden Mieten und nicht mit der tatsächlichen Mietentwicklung. Ein gravierendes Betrachtungsproblem. Zusammen mit immer höheren aufgeblähten Bewertungsfaktoren stiegen die Verkehrswerte der Immobilien immer weiter an und damit der Anteilsscheinpreis von OIFs. Letztendlich wurden Anleger mit zu hohen Anteilspreisen beim Kauf übervorteilt. Das Management von OIF hat es gefreut, werden sie doch nach hohen Nettoinventarwerten entlohnt. Geschlossene Investmentvermögen (AIF oder Vermögensanlagen) treten hingegen stabiler auf. Hier treffen -in aller Regel- fachlich versierte Manager den passenden Einstiegs- und Verkaufszeitpunkt. Oftmals handeln sie antizyklisch, was den Grundstein für hohe Gewinne legt. Privatanleger als Eigenentscheider bei OIF sind dagegen Herdentiere, die oftmals gedankenlos oder panisch mit dem Markt schwimmen und ungünstige Einstiegs- und Verkaufszeitpunkte wählen. Die aktuelle massenweise Anteilsrückgabe bei OIFs unterstreicht diese These. Illiquide Strukturen wie AIF haben den Vorteile, dass sie Stressphasen einfach aussitzen können. Das massenweise Rückgabeverlangen bei OIF zwingt diese, Immobilien in einer weniger günstigen Marktphase abzustoßen, um allen Verpflichtungen nachzukommen. Geschlossene Investmentvermögen können ihre Liquiditätsquote auf ein kaufmännisch vernünftiges Maß absenken, um möglichst viel von den anvertrauten Anlegergeldern in Immobilien oder anderen Vermögensgegenständen zu investieren. OIF hingegen müssen gesetzlich mindestens 5 % an Liquidität vorhalten und liegen im Marktdurchschnitt eher bei ca. 15 %; damit beträgt die Investitionsquote nur ca. 85 %. Viele Jahre haben diese 15 % den Anlegern auch noch Negativzinsen beschert. Ein weiterer Vorteil geschlossener Investmentvermögen ist die Kapitaleffizienz. Zufließende Gelder können im Rahmen der Anlagestrategie zeitnah und zielgerichtet investiert werden, bis das…
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