DER Minenräumer im Sachwert- und Finanzmarkt

Geplatzte Büroimmobilienblase

Die Corona-Pandemie und die starken Zinsanstiege haben innerhalb kürzester Zeit dafür gesorgt, dass viel Bewertungsluft aus dem Gewerbeimmobilienbereich entwichen ist. Die seit 2010 feststellbare Bewertungsausweitung hat gerade in Innenstadtlagen von Metropolregionen mitunter ungesunde Ausmaße angenommen, wobei die Übertreibungen in Europa und in einigen Städten an der Westküste der USA mit am höchsten waren. Die Pandemie hat uns gelehrt, dass Büros (temporär) verzichtbar sind oder zumindest über andere / alternative Arbeitsformen nachgedacht werden muss. Schlecht entwickelte digitale Länder haben New-Work-Formen lange ignoriert und sich an analogen Präsenzarbeitsplätzen festgeklammert. Allerdings schläft der „war for talents“ (Fachkräftegewinnung) ebenso wenig wie der „war for tenants“ (Büromietergewinnung). Mit hybriden Arbeitsangeboten und dem Homeoffice hat es Büroimmobilieneigentümer ins Schwitzen gebracht; etliche Büroflächen werden schlicht nicht mehr gebraucht. Besonders der starke Zinsanstieg hat ins Kontor geschlagen. Zum einen stiegen damit unweigerlich die Diskontierungsfaktoren und heiße Bewertungsluft entwich schlagartig. Zum anderen verteuerte es blitzartig die Finanzierungskosten: Käufer sahen sich plötzlich stark gestiegenen Hypothekenzinsen gegenüber: Kalkulationen fielen wie Kartenhäuser zusammen. Variabel finanzierte Darlehen explodierten und Anschlussfinanzierungsrisiken drohen bei fest finanzierten Krediten. Durch diese Umstände als auch die neue Bewertungsrealität, die viele noch nicht akzeptieren (wollen), finden historisch wenige Umsätze statt. Diese sind laut jüngstem Bericht von MSCI Real Assets auf den niedrigsten Stand seit 2012 gesunken. Auch zeigte sich, dass einige regionale US-Banken mit der neuen Zinszeitrechnung und den Objektneubewertungen nicht zurechtkamen und kollabierten. Als Kreditgeber fallen sie zukünftig aus. Und als weiterer großer Belastungsfaktor in Europa kommt die Politik mit ihrer überzogenen Energieeffizienzdebatte ins Spiel, die den generell etwas ältlichen Büroimmobilienbestand massiv unter Druck setzt. Der Bankensektor ist stark sensibilisiert, da mit gesunkenen Objektbewertungen und veränderten Miet-Cash-Flows vielfach die Covenants nicht mehr eingehalten werden. Um den Gebäudewert überhaupt noch halten zu können, sind hohe energetische Gebäudesanierungsmaßnahmen erforderlich. Diese Investitionen sind ebenfalls zu finanzieren; allerdings wird es dafür beim Verkauf keinen einzigen Euro mehr geben, da Gebäudeenergieeffizienz zum neuen Standard gesetzt wurde. Oder aber: stranded asset! MSCI sieht heutzutage schon 55 % aller deutschen Gewerbeimmobilien als distressed assets mit Handlungsbedarf an. JLL meint gar, dass 80 % aller Gewerbebauten noch einmal durchsaniert werden müssen. Die Zahlen des Handelsblatts in Zusammenarbeit mit Bloomberg und Green Street bezüglich des Wertverlustes bei Büroobjekten sollten nach dieses Ausführungen nicht weiter überraschen. Allenfalls zur Vorsicht mahnen, nicht jede Blase gedankenlos mitaufzublähen.

 

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